Widerruf von Verbraucherdarlehen

Der Widerruf von Verbraucherdarlehen ist auch dann noch möglich, wenn seit Vertragsschluß mehr als zwei Wochen vergangen sind, wenn die Bank eine unzutreffende und daher unwirksame Widerrufsbelehrung verwandt hat. Wichtig ist hierbei das genaue Datum des Vertragsschlusses, da sich danach das jeweils gültige amtliche Muster der Widerrufsbelehrung richtet.

Hat die Bank nämlich das seinerzeit gültige amtliche Muster wortgetreu verwandt, kann sie sich auf die sog. Gesetzlichkeitsfiktion berufen. Andernfalls ist von Fall zu Fall zu prüfen, ob die Widerrufsbelehrung irreführend und daher unwirksam ist oder nicht.

Die Banken berufen sich bei längerer Vertragslaufzeit gerne auf den Einwand der Verwirkung. Hier ist die Rechtsprechung noch umstritten. Eine höchstrichterliche Entscheidung steht noch aus. Der vom 02.12.2015 zunächst auf den 15.12.2015 verschobene Verhandlungstermin wurde wegen eines außergerichtlichen Vergleichs - wie schon zuvor im Sommer dieses Jahres - aufgehoben (http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtspr...).


Urteile zum Widerruf

Der Widerruf ist nicht an eine Begründung gebunden. Es kommt nicht auf die Gründe des Widerrufs an. Seelbst ein Widerruf allein zur Ausnutzung einer Niedrigzinsphase ist zulässig (LG Ulm 4 O 434/13).


Urteile, die eine Verwirkung ablehnen

Verwirkung setzt einen Zeit- und einen Umstandsmoment voraus. Es muss ein schutzwürdiges Vertrauen der Bank vorgelegen haben. Dies ist bei fehlerhafter Widerrufsbelehrung nach meiner Ansicht nicht der Fall, da die Bank ohne Weiteres hätte zum einen bereits bei Vertragsschluß zutreffend belehren können, zum anderen hätte sie nach Feststellen der Fehlerhaftigkeit ihrer Widerrufsbelehrung ihre Kunden nachbelehren können. Insoweit liegt meiern Ansicht nach ein schutzwürdiges Vertrauen der Banken nicht vor.

Bestätigt wird dies so vom OLG Stuttgart bei einem 5 Jahre nach Vertragsschluß erfolgten Widerruf eines Kreditvertrags, den das OLG als wirksam erachtet, OLG Stuttgart, 17.09.2014, 9 U 120/14. Auch die Vorinstanz bestätigte die Wirksamkeit des Widerrufs (LG Ulm 4 O 343/13).


Das Kammergericht Berlin bestätigte sogar den erst im Prozeß in zweiter Instanz erklärten Widerruf eines Darlehens für wirksam (KG Berlin, 22.12.2014, 24 U 169/13).


Auch dem Verfahren vor dem OLG Dresden, 11.06.2015, 8 U 1760/14 lag ein Darlehensvertrag vom 21./26.02.2008 zugrunde, der erst mehr als 6 Jahre später am 04.06.2014 widerrufen wurde.


Im Urteil des Landgerichts Hamburg vom 26.01.2015, 325 O 229/14 ging es um einen auf den 25.08./05.09.2008 datierten Vertrag, der mit Schreiben vom 15.08.2014 widerrufen wurde.



Keine Anrechnung von Steuervorteilen bei Rückabwicklung einer Kapitalanlage
Der Bundesgerichthof bestätigt in einer Entscheidung seine (nach wie vor umstrittene) Ansicht, dass eine Anrechnung von Steuervorteilen im Schadenersatzprozess eines Anlegers grundsätzlich nicht in Betracht kommt, wenn auch die Schadenersatzleistung selbst der Besteuerung unterliegt.


Nach Ansicht des III. Zivilsenats würde die Durchsetzung des Anspruch in unzumutbarerer Weise erschwert, wenn die bereits bekannten Steuervorteile angerechnet werden würden und es dem geschädigten Anleger überlassen bliebe, die aus der Versteuerung der Schadenersatzleistung bestehenden Nachteile zu einem späteren Zeitpunkt geltend zu machen.


Aber auch nach Ansicht des III. Zivilsenats kann eine nähere Berechnung erforderlich sein, wenn Anhaltspunkte für außergewöhnliche Steuervorteile bestehen, wofür allerdings der Schädiger die Beweislast trägt.

(BGH, Urteil vom 15.05.2010 – III ZR 336/08)


Darlehen und Restschuldversicherung können verbundene Geschäfte sein
Der BGH hat entschieden, dass ein Verbraucherdarlehensvertrag und eine in diesem Zusammenhang geschlossene Restschuldversicherung verbundene Geschäfte sein können, mit der Folge, dass in der Widerrufsbelehrung auch auf die Folgen des Verbundgeschäfts hingewiesen werden muss. Ist das nicht dar Fall, ist die Widerrufsbelehrung fehlerhaft und der Verbraucher kann die Verträge evtl. noch widerrufen.


Die Frage, ob Verbraucherdarlehen und Restschuldversicherung Verbundgeschäfte sein können, ist umstritten. Der BGH hat in dem genannten Urteil entschieden, dass ein Verbundgeschäft vorliegen kann, wenn die Voraussetzungen des § 358 Abs. 3 BGB vorliegen. d.h. insb. der Darlehensvertrag auch der Finanzierung der Restschuldversicherung dient.

(BGH, Urteil vom 15.12.2009 – XI ZR 45/09)


§ 34a Abs. 1 Satz 1 WpHG a. F. ist kein Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB
Der BGH hat in seinem Urteil, das im Zusammenhang mit der Insolvenz über das Vermögen des Wertpapierdienstleistungsunternehmens Phoenix Kapitaldienst GmbH ergangen ist, klargestellt, dass einem geschädigten Anleger, der durch die Insolvenz von Phoenix sein Anlagekapital verloren hat, kein Anspruch gegen das kontoführende Kreditinstitut zusteht. Die Vorschrift des § 34 a Abs. 1 Satz 1 WpHG a. F. stellt kein Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB dar. Die Bank hatte hier entgegen § 34 a WpHG verschiedene Konten nicht als Gemeinschaftskonten deklariert und nicht getrennt von den Kundenkonten anderer Geschäftsbereiche der Phoenix sowie deren eigenen Konten geführt. Nach § 34 a Abs. 1 Satz 1 WpHG a. F. sind einzelne Wertpapierdienstleistungsunternehmen, die keine Einlagenkreditinstitute sind, zur getrennten Verwahrung von Unternehmensgeldern und Kundengeldern auf Treuhandkonten bei einem Einlagenkreditinstitut verpflichtet. Die BaFin erließ wegen des Verstoßes eine Untersagungsverfügung. Der BGH stellt fest, dass diese Verpflichtung der Bank nicht gegenüber den Anlegern bestehe, welche Einzahlungen auf das Konto vornehmen. Die geschädigten Anleger konnten hieraus daher keine Schadenersatzansprüche gegen die Bank herleiten.


Die bis dahin streitige Frage, ob es sich bei § 34 a Abs. 1 S. 1 WpHG um ein Schutzgesetz handelt, wird vom BGH entgegen der wohl bis dahin herrschenden Meinung, die Vorschrift diene auch dem Ziel, einzelne Anleger zu schützen, entschieden.

Zum Hintergrund: Bei Phoenix handelte Wertpapierdienstleistungsunternehmen, das kein Einlagenkreditinstitut war. Phoenix war daher nach § 34a Abs. 1 S. 1 WpHG a. F. (bis zum 31.10.2007 geltende Fassung) verpflichtet, Kundengelder, die es im eigenen Namen für fremde Rechnung der Anleger verwendete, getrennt von den eigenen Geldern und von anderen Kundengeldern auf Treuhandkonten bei einem Einlagenkreditinstitut zu verwahren. Nachdem Phoenix dieser Auflage nicht nachgekommen war, untersagte die BaFin mit Verfügung vom 21.02.2000 die Tätigkeit. Am 11.03.2005 untersagte die BaFin sodann den gesamten Geschäftsbetrieb was zum Insolvenzverfahren führte.

(BGH vom 22.06.2010 – VI ZR 212/09)


Gesellschaftsrecht

Eintragung eines Nicht-EU-Ausländers als Geschäftsführer einer GmbH

Nach einer Entscheidung des OLG Zweibrücken können nunmehr auch Nicht-EU-Ausländer zum Geschäftsführer einer GmbH bestellt werden. Es ging hier um einen tunesischen Staatsangehörigen, der nicht über eine Aufenthaltserlaubnis verfügte. Das OLG Zweibrücken hat damit seine ursprüngliche Rechtsauffassung aufgegeben, wonach eine Bestellung und Eintragung von Nicht-EU-Ausländern voraussetzte, dass diese problemlos in das Inland einreisen können. Der Senat folgt damit der vordringenden Rechtsprechung der Oberlandesgericht Düsseldorf und München, dass jedenfalls seit Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) nicht mehr gefordert werden kann, dass dem Geschäftsführer die jederzeitige Einreise möglich sein müsse.


(Beschluss des OLG Zweibrücken, 09.09.2010; 3 W 70/10)